Garten ist Krieg
Ein renommierter Literaturkritiker hatte das Buch empfohlen, und der Titel war einigermaßen provokant, also lasen wir „Garten ist Krieg“. Krieg? Warum und wieso? Wir ahnten, dass es um Schädlinge und Unkräuter gehen würde, und um die Frage, wie der wehrhafte Gärtner mit ihnen fertig wird. Was wir dann lasen, war irritierend: von Kapitel zu Kapitel versorgt der Autor Christian Feyerabend, der im Hauptberuf Fernsehjournalist ist, den Leser mit seinem Wissen über Carl von Clausewitz und dessen Schrift „Vom Krieg“, aus der er dem Gartenfreund mancherlei Erkenntnis und Sentenz überstülpt. Zunächst klingt es recht forsch, wenn er Schädlinge als „Invasoren“ und „Feinde“ bezeichnet, die es zu bekämpfen gilt. Neu und besonders originell ist es allerdings nicht, das tun bekanntlich auch andere Gartenschriftsteller, aber der Leser wartet erst einmal ab. (Anm.: Das US Agrarministerium hat sich übrigens in seiner Propaganda im 2. Weltkrieg der Vermischung von Gartenarbeit und militärischer Kampfrhetorik ausgiebig bedient.) Bei ständiger Wiederholung wird der Vergleich jedoch schal, dann zunehmend ärgerlich, weil der Autor nicht mehr aus diesem gedanklichen Labyrinth herausfindet. Immer wieder muss Clausewitz dafür herhalten, die Notwendigkeit und die Art der Bekämpfung von Schnecken, Mäusen, Läusen und was sonst noch so den Garten heimsucht, militärisch zu erläutern. Das ermüdet und verdrießt den Leser, zumal der über das Gärtnern nichts substantiell Neues erfährt. Äußerst makaber wird das Verfahren, wenn der Autor den Flug der schirmförmigen Samenstände des Löwenzahns mit dem Anflug der deutschen Fallschirmspringer auf Kreta im 2. Weltkrieg vergleicht und dies entsprechend ausführt und kommentiert. So etwas nennt man wohl - akademisch gesprochen - einen Kategorienfehler, und es wäre gut gewesen, wenn ein Lektor des Piper Verlags von solchen Eskapaden abgeraten hätte. Gärtnerisch hat das Buch nichts Neues und nichts Erhellendes zu bieten. Der Leser fragt sich vielmehr, was in dem Autor vorgegangen sein mag, als er zu solch überzogenen Hilfsmitteln griff. Auch die gut gemeinten, aber schon hinlänglich bekannten Zitate aus Albert Camus „Der Mythos von Sisyphos“ am Ende retten das Buch nicht. Manche Gartenbücher von Laiengärtnern sind - gerade wegen ihrer ironischen Übertreibungen - höchst amüsant, so Jakob Augsteins „Die Tage des Gärtners: Vom Glück, im Freien zu sein“ oder - unvergessen - „Das Jahr des Gärtners“ von Karel Capek. In diese Kategorie gehört „Garten ist Krieg“ aber ganz sicher nicht.
Christian Feyerabend, Garten ist Krieg, Verlag Piper 2018, 184 S.
Ursula Alsleben