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Foto: Ursel Borstell

Zweigreise vom 24. bis 26. Mai 2024 nach Hannover

Es goß wie aus Kübeln, als die Teilnehmer sich am Freitagvormittag aus verschiedenen Regionen NRWs auf den Weg nach Hannover machten.

Aber der Wetterbericht für das geplante Wochenende in Niedersachsens Landeshauptstadt klang trotz allem vielversprechend. Und wir hatten Glück: Während der Fahrt wurde es heller, die Straßen trocken und pünktlich zum Treffen am ersten Programmpunkt dem Bundessortenamt begrüßte uns der versprochene Sonnenschein.

Mit Ausnahme von zwei Spezialisten in der Gruppe aus dem Fachbereich Biologie war das Bundessortenamt, seine Funktion und Aufgabe, für die Zuhörer des interessanten Vortrags und der anschließenden Führung zu diesem Thema neu. Am Anfang steht die Sorte! Schutz und Zulassung neuer Pflanzensorten. steht auf der “Visitenkarte“ dieser, dem Landwirtschaftsministerium nachgeordneten Bundesoberbehörde. Sie ist die Nachfolgerin des 1948 gegründeten Sortenamtes für Nutzpflanzen, das in den Nachkriegsjahren mit der Förderung ertragsstärkerer Sorten im Bereich Landwirtschaft und Obstanbau auch die Lebensmittelsicherung der Bevölkerung im Fokus hatte.

Besuch des Bundessortenamtes Gartengesellschaft

Die Anmeldung einer neuen Sorte, das gilt auch für den weiten Bereich der Zierpflanzen, muss Mehrwert bringen, setzt Standards anhand klarer Kriterienkataloge. Termine für entsprechende Anmeldungen richten sich natürlich auch nach den Jahreszeiten. Und wer den Termin versäumt, darf nächstes Jahr wieder antreten. Da kennen die Natur und die Behörde kein Nachsehen Nicht unerwähnt bleiben sollte – neben der Anmeldung neuer Sorten – der Sortenschutz. Der – ähnlich dem Patent aus anderen Bereichen – den Züchter vor unautorisierten Kopien seiner oft Jahre dauernden Arbeit schützt.

Auf die Theorie folgte der Gang über die beeindruckenden Freiflächen. Hier unterziehen sich u.a. 2500 Rosensorten einer strengen Prüfung und – weil Petrus sich mit einem Donnerwetter doch noch einmal bemerkbar machen mußte – paßten die zugehörigen dicht mit aktuellen Sommerblühern bestückten Gewächshäuser bestens in Programm.

Ursel Borstell, leitendes Mitglied des Orga Teams und Organisatorin dieser Reise, übergab zum Abschluss die aktuellen Exemplare des „Blätterrauschens“ zusammen mit einem kleinen Präsent sowohl an den ambitionierten Vortragenden Herrn Heinz als auch an Frau Dr. Sobeck, die uns mit großem Engagement durch die Anlage geführt und mit Fachkompetenz die vielen Fragen beantwortet hatte.

Anschließend ging es zum Einchecken ins direkt am Mittellandkanal gelegene Hotel, wo auch im Restaurant mit dem passenden Namen HAVN, nach einem langen Tag das gemeinsame
Abendessen stattfand.

 Herrenhäuser Gärten Gartengesellschaft

Am Samstag begrüßte uns – wie erhofft - strahlender Sonnenschein und es ging schon recht früh zum Höhepunkt der Reise, dem Besuch der Herrenhäuser Gärten. Trotz der kleinen Einschränkungen durch die Aufbauarbeiten für das am Abend geplante Höhenfeuerwerk im Park, waren die noch frühen Morgenstunden eine gute Zeit für den Rundgang durch den Großen Garten, den ältesten seit seiner Entstehung im 17. Jahrhundert nahezu unverändert erhaltenen Barockgarten Europas.

Einige waren überrascht, dass nur ein kleiner Teil der zum Park gehörenden Fläche von fast 10 Hektar sich mit aktueller Sommerbepflanzung präsentierte. Stattdessen erwarteten uns nach den in der Nähe des Schlosses im Stil des Barock angelegten Schaubereichen 20 km akkurat gepflegte Hainbuchenhecken. Man passierte auf dem Spaziergang viele kleinere geschützte Nischen mit zum Verweilen einladenden Bänken. Bestaunte von Hecken gerahmten Rondells mit teilweise vergoldeten Skulpturen der Herrscher und Würdenträger der Zeit. Darunter natürlich auch der von Sophie von der Pfalz, die als Ehefrau des Kurfürsten Ernst August maßgeblich für die Erweiterung und Neugestaltung des Großen Gartens verantwortlich war. Immer wieder neue Sichtachsen mit Springbrunnen und ein mit optischer Raffinesse angelegtes Gartentheater.

Im Zentrum der Anlagen trifft man auf eine für damalige technische Möglichkeiten über 30 m hohe hohe Fontäne, um deren Entstehung – und Finanzierung - sich diverse Anekdoten ranken. Auch damals gab es wohl schon Prunksucht im Sinne von höher – schneller – weiter und dem Motto: Koste es, was es wolle.

 herrenhaus 2

herrenhaus 3

Natürlich fehlten auch nicht die aus vielen historischen Gärten bekannten akkurat gestutzten Buchsbaumhecken. Leider hatte aber auch in Hannover der Buchsbaumzünsler häufig in Tateinheit mit dem Buchsbaumpilz zugeschlagen. Aber die 95 für die Pflege des gesamten Areals zuständigen Gärtner geben nicht auf und setzen nun die Hoffnung auf einen angeblich gegen oben genannte Widersacher resistenten Retter, den „Better Bux“! Hoffentlich sind die Pflanzen oder besser der Züchter dem Erwartungsdruck gewachsen.

herrenhaus 4

Ein beeindruckender Abschluss des fast 2-stündigen Rundgangs bildete der Besuch der nach Plänen von Niki de Saint Phalle Anfang dieses Jahrhunderts umgestalteten historischen Grotte mit an einem solchen Ort überraschenden bunten Glas- und Spiegelornamenten und einer Selektion ihrer bekannten üppigen Nanas.

Nach der Mittagspause im Restaurant Grauwinkels Schlossküche ging es gestärkt in den zweiten Gartenbereich den Berggarten.

Dieser als botanischer Garten geführte Teil der Herrenhäuser Gärten bietet Raum für über 12.000 Pflanzenarten präsentiert in diversen Schauhäusern und im Freigelände, das wieder um in unterschiedliche Bereiche aufgeteilt ist.

Wir bestaunten eine imposante Linden-Allee, bei der die notwendige Verkehrssicherung der Bäume inzwischen recht skurrile Züge angenommen hat. Große Areale mit Rhododendron, Staudenkulturen unterschiedlichster Schwerpunkte, Farnschluchten und Feuchtbereiche. Beeindruckend waren auch die kaum zu bändigenden Exemplaren der nur in der Region wachsenden Variation der Rotbuche, der sog. Süntelbuche. Bizarre drehwüchsige Baumriesen, die teils über mehrere hundert Quadratmeter in die Breite wachsen und nur noch an ca. 50 Orten in Niedersachen zu finden sind.

baumschlucht

Erwähnt werden muss noch die international anerkannte Expertise des Berggartens im Bereich der Orchideenzüchtung. Er beherbergt eine der größten Orchideensammlungen der Welt und eine der größten Orchideen-Daueraustellungen Europas, deren Vielfalt wir staunend besichtigen konnten.

berggarten

Chapeau! für unseren sympathischen und äußerst kompetenten Park- und Gartenführer Rainer Hahn-Köhne während des gesamten Tages. Er hatte auf so gut wie jede Frage zum historischen Hintergrund, der Entwicklung des Parks, aber auch zu aktuellen Zahlen, Daten und Fakten selbst für den eher botanischen Schwerpunkt der Gruppe eine Antwort parat.

Nach diesem langen und wie erhofft sonnigen Tag waren dann nach dem Besuch beim lokalen Italiener doch alle recht früh auf den Zimmern verschwunden. Einige hatten sogar noch das große Glück, das bereits angesprochen Höhenfeuerwerk vom Logenplatz im 5. Stock zu genießen.

Und auch am Sonntag hatte Petrus wieder ein Einsehen. Auf der Agenda stand noch der Besuch eines wirklich sehenswerten Privatgartens in Barsinghausen-Groß Munzel.Und je mehr Details zur Entstehung und Entwicklung man von den Besitzern, dem Ehepaar Aleksandra und Hans-Dieter Pristin und der hauptamtlichen „Gärtnerin“ erfuhr, ist die Gartenanlage nicht nur sehenswert, sondern auch bemerkenswert.

Mit Unterstützung über Jahrzehnte gewachsener fruchtbarer Erde hat vornehmlich Aleksandra Pristin in unglaublich kurzer Zeit ein ca. 4500 qm großes Paradies geschaffen. Mit Schattenbereichen unter inzwischen schon hohen Bäumen, lauschigen Sitzecken, Hecken und Durchblicken. Rasenwege schwingen sich um sonnige Staudenbeete und seltene Gehölze. Es eröffnen sich immer wieder neue Perspektiven. Buchstäblich hinter jeder Kurve gab es etwas Neues zu entdecken.

Nach einem letzten gemeinsamen Mittagessen auf der sonnigen Terrasse des schönen Restaurants Stiller's in Barsinghausen machten sich alle, beladen mit vielen neuen Ideen, Anregungen und schönen Erinnerungen wieder auf den Heimweg.

Und irgendwie hatte man schon fast damit gerechnet. Als auf der Autobahn die ersten Schilder ankündigten, dass das Ruhrgebiet nun nicht mehr fern sei, fing es an zu regnen. Wir hatten Petrus mit unseren zahlreichen Bitten um schönes Wetter wohl doch etwas überfordert!

Text: Claudia Mense
Fotos: Ursel Borstell