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Foto: Ursel Borstell

Jahresversammlung in Fulda vom 5. - 7.9.2025

Impressionen von Walli Geisel, Mitglied Zweig Rhein-Main

 Klostergarten TagungsKloster Frauenberg, FuldaKlostergarten TagungsKloster Frauenberg, Fulda

„Heimspiel!“ war mein erster Gedanke, als bei der letztjährigen Jahresversammlung der Tagungsort für 2025 bekannt gegeben wurde. Wenn man 40 km südlich von Fulda wohnt, zählt die osthessische Stadt im weiteren Sinne als heimatliches Einzugsgebiet. Ein naher Tagungsort hat den Vorteil, dass man kein Hotel buchen muss, allerdings auch den Nachteil, dass der (Kloster-)Wein als Begleiter für das gemeinsame Abendessen der Heimfahrt zum Opfer fällt.

Tagungsort am Freitag war das Kloster am Frauenberg in Fulda. Da mich meine Wege trotz einer 25jährigen Zugehörigkeit zu Hessen dorthin noch nicht geführt hatten, bedeutete diese Tagung auch ein aktives Kennenlernen Osthessens! Für 11.00 h war eine Führung durch das Kloster am Frauenberg mit Pater Cornelius Bohl geplant. Die hohe Anmeldezahl von 82 Teilnehmern konnte Pater Cornelius nicht erschüttern. Mit mönchischer Ausgeglichenheit beruhigte er unsere Präsidentin: „Beruhigen Sie sich, wir schaffen das.“ Und so war es auch. Zunächst erzählte er den Interessierten Geschichtliches über die Gründung der Stadt Fulda. Fulda verdankt seine Entstehung der Gründung des Klosters 744 n. Chr. Initiator des Klosterbaus war der Benediktinermönch Bonifatius, für den das Fuldaer Kloster die „Lieblingskloster-Gründung“ war. Seinem Wunsch entsprechend wurde Bonifatius nach seinem Tod in Fulda beigelegt. Sein Grabmal finden wir heute im Dom zu Fulda. Bonifatius weilte oft zu Besuch in Fulda und zog sich dann gerne auf den nach ihm benannten Bischofsberg zurück, auf dem er eine Kirche bauen ließ. Hier konnte er sich sammeln, zur Ruhe kommen und beten. Da die Kirche auf dem Bischofsberg der Gottesmutter Maria geweiht ist, wurde im Laufe der Zeit aus dem Bischofsberg im Volksmund der „Frauenberg“.

Der Frauenberg war neben Johannes-, Andreas- und Petersberg eine Benediktiner Propstei und bildete mit diesen zusammen das sogenannte „Fuldaer Klosterkreuz“ mit dem Dom in der Mitte. Die Benediktiner Propsteien bestanden bis 1525. Im Zuge der Bauernkriege wurden sie zerstört; die Benediktiner flohen und kehrten nicht mehr zurück.

Die zweite Geschichte des Frauenbergs begann in den 1620er Jahren, als sich auf dem Frauenberg Franziskaner Mönche ansiedelten, um der Fuldaer Bevölkerung eine katholische Seelsorge zu ermöglichen. Seit 400 Jahren sind nun fast ununterbrochen Franziskaner auf dem Frauenberg beheimatet. Nur zweimal in der Franziskanischen Geschichte war das Kloster geschlossen: während des Kulturkampfs zwischen Bismarck und der katholischen Kirche und während der Zeit des Nationalsozialismus (ab 1940). Zur damaligen Zeit beherbergte das Kloster Frauenberg 80 – 100 Brüder, für die natürlich auch eine entsprechende Menge Lebensmittel wie Kartoffeln bevorratet werden mussten. Der Klostervorsteher Pater Thaddäus wurde unter dem Vorwand, zu viele Lebensmittel gelagert zu haben, von den Nazis verhaftet und im KZ Dachau umgebracht. Nach dem Zweiten Weltkrieg siedelten sich die Franziskaner wieder am Frauenberg an. 1972 kehrte auch das Bild der Hl. Elisabeth, der Provinz-Patronin Fuldas, welches ausgewanderte Brüder mit in die USA genommen hatten, als Gastgeschenk an seinen angestammten Platz am Frauenberg zurück.

Heilige Elisabeth von Thüringen von Johann Andreas HerrleinHeilige Elisabeth von Thüringen von Johann Andreas Herrlein

Nach diesem geschichtlichen Überblick ging Pater Cornelius mit uns in die spätbarocke Klosterkirche. Nach dem Brand 1757 wurde sie in ihrer jetzigen Form von Franziskanermönchen wieder aufgebaut und ausgeschmückt. Mit dem Aufstellen von Märtyrerfiguren wollten die Franziskaner an ihre eigene Geschichte erinnern. Der Altar wurde bewusst so ausgestaltet, dass er die gläubige Bevölkerung anspricht und ihre Nöte und Sorgen aufgreift. So findet sich u.a. der Heilige Sebastian als Pestpatron, der Heilige Valentin, welcher der Patron der Fallsüchtigen ist, der Heilige Wendelin (Patron der Bauern) und der Heilige Rochus als Patron der Pilger und der Verwundeten. Der Hochaltar zeigt als zentrale Figur die Mutter Gottes, aber auch den Hl. Benedikt und den Hl. Bonifatius. Mit den beiden letztgenannten Figuren greifen die Erbauer auf die Zeit vor den Franziskanern zurück. Maria wird als freudenreiche Mutter Gottes dargestellt, im Gegensatz zur häufigeren Abbildung der sieben Schmerzen Marias.

Vom Kirchenschiff führte uns Pater Cornelius hoch auf die Orgelempore mit ihrem großen Chorbereich. Da Fulda früher ein großer Konvent mit bis zu 100 Brüdern war, wurde auch ein großer Chor als Platz für gemeinsames Beten benötigt.

Bis vor einigen Jahren gab es in Deutschland vier Franziskaner Provinzen: die Bayerische Provinz (München), die Kölnische Provinz (Düsseldorf), die Sächsische Provinz (Hannover) und die Thüringische Provinz (Fulda). In Fulda war die Verwaltung angesiedelt, eine eigene Hochschule sowie Werkstätten und Landwirtschaft. Dadurch zählte die Franziskanergemeinschaft in Fulda relativ viele Brüder, aber seit 1990 nahm die Zahl doch ab, wie auch in den anderen deutschen Franziskaner Provinzen. 2010 fusionierten die vier Provinzen zu einer einzigen (deutsche Franziskanerprovinz von der heiligen Elisabeth) mit Sitz in München, wodurch der Fuldaer Standort an Bedeutung verlor.

Klostergarten Tagungskloster Frauenberg, FuldaKlostergarten Tagungskloster Frauenberg, Fulda

Heute leben noch neun Franziskaner Brüder auf dem Frauenberg, für die alleine das „Gewand der Klostergebäude“ sehr groß geworden ist.

Seit 1904 die Fuldaerin Maria Rang das Antoniusheim für Menschen mit Behinderung gründete, besteht zwischen der Antonius-Stiftung und den Franziskaner Mönchen eine Zusammenarbeit. Die Franziskaner übernahmen die seelsorgerische Arbeit der im Antoniusheim betreuten Menschen. 2016 wurde aus der Zusammenarbeit eine enge Kooperation. antonius : gemeinsam Mensch nutzt das Kloster am Frauenberg, um Menschen mit und ohne Behinderung angemessene Arbeitsplätze in den Bereichen Gästehaus, Klostercafé, Wäscherei, Schneiderei und Klostergarten bieten zu können. In einem respektvollen Miteinander ergänzen sich hier die mönchische Herangehensweise an die Welt mit der Achtsamkeit der Antonius-Stiftung gegenüber Menschen in all ihrer Vielfalt.

Dadurch dass die Stiftung antonius : gemeinsam Mensch einen Teil der Klostergebäude nutzt, besteht die Hoffnung, dass das Kloster Frauenberg weiter für die Mönche, für inklusive Lebensweise und für die Menschen in der Region als Wahrzeichen Fuldas erhalten werden kann.

 Blick über Fulda mit dem DomBlick über Fulda mit dem Dom

Am Freitagnachmittag stand wie immer die Mitgliederversammlung auf der Tagesordnung.

Es folgt ein kleiner Ausschnitt zu den Themen, die in der Mitgliederversammlung angesprochen wurden.

Herzlich begrüßt wurden wir von unserer Präsidentin Karin Wiedemann. Vizepräsidentin Anja Birne war aus beruflichen Gründen verhindert. Karin Wiedemann freute sich sehr, die anwesenden Mitglieder im blumengeschmückten Fulda begrüßen zu dürfen und gab im Anschluss einen interessanten Einblick in die vielfältige Arbeit des Vorstandes. Indem der Vorstand sich z.B. um die Außenvertretung, die gesamten Finanzen, die Organisation u.a. der Jahrestagungen und den monatlichen Newsletter kümmert, ermöglicht er den Zweigen, sich auf regionale Projekte und die monatlichen Treffen konzentrieren zu können. Die Orga-Teams der Zweige zeichnen sich durch ihre Kreativität, Beharrlichkeit, Neugier, Enthusiasmus und unerschöpfliches ehrenamtliches Engagement aus.

Dafür möchte ich mich, als einfaches und immer nur nutznießendes Mitglied, an dieser Stelle von Herzen bedanken und auch verneigen, weil der Einsatz der Orga-Teams und des Vorstandes in meinen Augen unvorstellbar groß ist.

Publikationen sind ein Mittel, die Gartenkultur zu fördern und Mitglieder zu werben. Das Flaggschiff ist da unbestritten die halbjährlich erscheinende Zeitschrift blätterrauschen. Und auch hier wieder fast unvorstellbar: Das blätterrauschen wird ehrenamtlich und in Eigenregie erschaffen. Vor so viel Hingabe, sein Wissen und Können, seine Zeit und Kreativität in den Dienst der guten Sache zu stellen, kann ich nur meinen Hut ziehen. Da muss man einfach dem Blattrausch verfallen sein!

Ein sehr interessantes neues Projekt wurde von Petra Blackert vorgestellt. In den Orga-Teams der einzelnen Zweige schlummert ja ein sehr großer Erfahrungsschatz, ein großes Wissen um Garten-Referenten, wertvolle Besuchs-Gärten, Gartenreisen etc. Petra Blackert möchte eine Plattform schaffen, auf der sich die Orga-Teams untereinander vertrauensvoll austauschen können, gegenseitig von ihren Erfahrungen profitieren und lernen können. Durch solch ein neues Netzwerk kann ein Mehrwert für alle entstehen. Eine Idee wäre auch, dadurch mehr zweigübergreifende Projekte anstoßen zu können.

Weg auf den Frauenberg FuldaWeg auf den Frauenberg Fulda

Symposium „Der Klostergarten – Wiege der europäischen Gartenkultur“

Am Samstag, den 6.9.25 fand im Hotel Maritim am Schlossgarten Fulda das Symposium statt.

Schlossgarten an der Orangerie FuldaSchlossgarten an der Orangerie Fulda

Als wunderbar passende Moderatorin konnte Heidrun Merk gewonnen werden. Heidrun Merk hat als Kulturanthropologin u.a. für die Hessische Schlösserverwaltung in Bad Homburg v. d. H. die ehemalige Benediktinerabtei Seligenstadt inklusive barocken Klostergarten betreut und als Gründerin des Projektes GartenRheinMain der Kulturregion FrankfurtRheinMain Bücher über Gärten, Klostergärten und Parks geschrieben. Heute lebt sie in einem früheren Pfarrhaus in der Schwalm, pflegt den Pfarrgarten und leitet ehrenamtlich das Schwälmer Dorfmuseum Holzburg.

Durch das Thema Die Symbolik des Gartens in der Heiligen Schrift und ihre Bedeutung für ein geistliches Leben führte uns Dr. phil., Dr. theol. Igna Kramp CJ, Ordensschwester in der Congregatio Jesu und Leiterin des Entwicklungsbereiches Geistige Prozessbegleitung im Bistum Fulda.

Wenn man wie ich als Tagungsberichterstatterin nur ein in der Erde wühlender Unkrautzupfer ist und zudem Religions- und Konfirmationsunterricht lange her sind, tut man sich mit der christlich-geistigen Thematik etwas schwer, obwohl sie so viele die Seele beruhigende und besänftigende Aspekte aufzeigt. Es ist vielleicht nicht mehr als ein Versuch der Wiedergabe, das bitte ich zu verzeihen.

Jeder kennt die Sehnsucht nach dem Paradies. Jeder beschäftigt sich mit der Frage, woher wir kommen und wohin wir gehen. Eine Antwort auf diese Fragen gibt die Heilige Schrift. Am Anfang der Bibel steht das Paradies und am Ende der Bibel auch; das Paradies oder auch der Garten Eden rahmen gewissermaßen die Bibel ein. In der Genesis 2 steht zur Erschaffung des Menschen „Gott der Herr pflanzte einen Garten Eden im Osten und setzte dort hinein den Menschen.“ Der Garten Eden = das Paradies steht für eine unbeschwerte, ungestörte Beziehung zwischen den Menschen untereinander und eine genauso harmonische und unversehrte Beziehung der Menschen zu Gott. Aber unsere Erfahrung sagt uns, dass wir nicht mehr im Zustand der Harmonie mit Gott und untereinander leben. Davon erzählt der Sündenfall: „Und Gott der Herr schickte den Menschen aus dem Garten Eden fort, den Erdboden zu bebauen, von dem er genommen war.“ Der Verlust des Garten Edens steht für die Entfremdung von Gott, steht dafür, dass wir unter Mühsal arbeiten müssen, dass sich die Menschen untereinander entfremden, sich streiten, sogar für Mord und dass das Leben mit dem Tod endet. Vom Paradies der Endzeit wird in der Offenbarung des Johannes erzählt. „Und ich sehe einen neuen Himmel und eine neue Erde, denn der erste Himmel und die erste Erde waren vergangen. In der Mitte ihrer Straße und des Stromes diesseits und jenseits war der Baum des Lebens, der zwölfmal Früchte trägt.“ Der Baum als Symbol für den Garten Eden ist das Versprechen auf ein zukünftiges Leben im Paradies, in dem Gott selbst bei den Menschen lebt und Leid und Tod abgeschafft sind. Man kann es so deuten, dass die Menschen nicht nur aus dem Garten Eden entstammen, sondern dass sie in einer zukünftigen Zeit dorthin zurückkehren dürfen, in einer erneuerten Form.

(Anmerkung Walli Geisel: Wenn wir aus dem Paradies kommen und vielleicht dorthin zurückgehen, was für ein Geschenk ist es doch, auch in der Erdenzeit im Gartenparadies werkeln zu dürfen.)

Das Paradies ist eine Chiffre für den Himmel und dies bedeutet für ein geistiges Leben, der Himmel ist nicht für immer verloren. Ein geistliches Leben wird z. B. von Nonnen und Mönchen in Klöstern gelebt. Die Liebe zu Gott kann zurück ins Paradies führen, aber auch die Liebe zwischen Mann und Frau, wie es das Hohe Lied der Liebe beschreibt.

Ein Garten ist der Aufenthaltsort von Jesus und den Jüngern als Ausgangspunkt der Passion. Und weiter: „Es war aber an dem Ort, an dem Jesus gekreuzigt wurde, ein Garten und in dem Garten eine Gruft, in die noch nie jemand gelegt wurde.“ Nach der Kreuzigung trifft Maria Magdalena auf Christus und hält ihn für den Gärtner. Indem sie sich irrt, irrt sie sich nicht, denn man kann Christus auch als Gärtner der Welt, als Schöpfer des Weltgartens bezeichnen. Oder anders gesagt: nach dem Tod Jesu wird die Welt zum Garten.

In Überleitung zum nächsten Vortrag erläuterte Moderatorin Heidrun Merk, dass Klostergärten das antike Wissen um Gartenkultur nach Europa brachten. Im frühen Mittelalter war es der Benediktinermönch Benedikt von Nursia (ca. 480 – 547 n. Ch.) der in seinen regula sancti benedicti festhielt, dass alles, was die Mönche im Kloster zum Leben bräuchten, auch innerhalb der Klostermauern angebaut werden solle, damit die Mönche diese nicht verlassen müssten.

Der zweite Vortrag, gehalten von der freiberuflichen Kunsthistorikerin und Autorin Dr. Stephanie Hauschild, widmete sich dem Thema Entstehung der Klostergärten, ihre Vorbilder und Bedeutung für die Gartengeschichte Europas.

Das Wissen um das ideale Aussehen eines mittelalterlichen Klostergartens verdanken wir dem St. Galler Klosterplan, gezeichnet um 825/826 n. Chr. auf der Insel Reichenau. Der Plan zeichnet eine benediktinische „Klosterstadt“ mit Kirche, Nebengebäuden und verschiedenen Klostergartenbereichen, sogar versehen mit detaillierten Pflanzlisten. Im Zentrum des St. Galler Klosterplans steht die nach Osten ausgerichtete Kirche. Östlich liegen der Kräuter-, Gemüse- und der (Obst-) Baumgarten. Zentral gelegen findet sich der Kreuzgarten, welcher als einziger Garten innerhalb der Klostermauern kein Nutzgarten ist, sondern der inneren Einkehr der Mönche diente. Eine Besonderheit des Baumgartens ist, dass er gleichzeitig als Friedhof dargestellt wird. Möglich ist, dass der jahreszeitliche Vegetationsrhythmus symbolisch steht für das Werden, Vergehen und Auferstehen des Menschen. Schwer vorstellbar ist, dass wirklich in geweihter (Friedhofs-) Erde Obst und damit Nahrung angebaut wurde.

Kloster ReichenauKloster Reichenau

Im frühen Mittelalter verrichteten die Mönche die Gartenarbeit selbst. Dies ist ein Unterschied zu den Vorbildern der Klostergärten, den antiken Gärten ägyptischer und orientalischer Landbesitzer, in denen die harte Arbeit meist von Sklaven verrichtet wurde. Auch der Aspekt von Schönheit und Sinnlichkeit findet sich nicht in den frühen Nutzgärten hinter Klostermauern. Der Klostergarten diente der Versorgung der Mönche; so waren z.B. auch keine Sitzgelegenheiten in ihm vorgesehen und auch keine individuellen Gärten. Das wandelte sich im Spätmittelalter. Um 1150 gab es in Christchurch, England, einen Klostergarten, in dem der Abt einen eigenen Garten bewirtschaften durfte, der repräsentativen Zwecken diente und damit keinen Nutz- sondern einen Ziergarten darstellte. In Deutschland war es der Theologe und Universalgelehrte Albertus Magnus (um 1200 – 1280 n. Chr.), der als erster eine Trennung zwischen Nutz- und Ziergarten vollführte und einen sinnlichen Garten beschrieb, der alleine dem Vergnügen und der Erholung seiner Besucher diente. Dabei griff er auf bekannte Nutzpflanzen zurück, die er aber rein als Zierpflanzen einsetzte. Seinen von schützenden Bäumen umstandenen „Lustgarten“ zierte eine Rasenfläche, eine „Rasenbank“ zum Anlehnen oder Darauf-Sitzen diente der Erholung und ein Duftgarten mit Rosen- und Madonnenlilien erfreute die Sinne. Albertus Magnus baute die Brücke vom ehemals reinen Nutzgarten zum Erholungs- und Ziergarten, wie wir ihn heute kennen und der dem Bedürfnis des Menschen nach Schönheit und Freude Rechnung trägt.

Prof. Dr. rer. nat. Dietmar Brandes von der TU Braunschweig, Institut für Pflanzenbiologie, folgte mit dem Vortrag Klostergärten als Meilensteine der Kultur-, Garten- und Botanikgeschichte

Prof. Dr. Brandes widmete sich zunächst der Frage, wie sich im Frühmittelalter die Situation der Botanik darstellte. Zu dieser Zeit existierte die Botanikwissenschaft nur als Teil der Heilmittelkunde. Das in der Spätantike von Pedanios Dioskurides geschriebene Werk „Über Heilmittel“ mit der Beschreibung von ca. 1000 überwiegend pflanzlichen Arzneimitteln war bis ins 16. Jahrhundert das wichtigste Standardwerk für Ärzte. Pflanzenkundler wie Mediziner und Ordensleute versuchten, die dort beschriebenen Heilpflanzen in Mitteleuropa zu finden und zu Heilzwecken zu kultivieren. Dafür waren Klostergärten mit ihren Heil- und Kräutergärten prädestiniert. Besonders Benediktiner und Zisterzienser haben sich um eine Vergrößerung des Heilpflanzensortiments in Klostergärten verdient gemacht. Dadurch stieg sogar die Artenzahl wildwachsender Pflanzen in Mitteleuropa an.

Das Capitulare de villis Karls des Großen (geschrieben um 800 n. Chr.) diente als erste Land- und Wirtschaftsordnung des Mittelalters dazu, den Anbau von Heil- und Nutzpflanzen sowie Obstbäumen in den Krongütern zu verbessern, um Versorgungsengpässe des großen Hofstaates zu umgehen. In ihm werden zahlreiche, oft aus dem Mittelmeerraum stammende Pflanzen genannt, die in den herrschaftlichen Gütern angebaut werden sollten. Damit transferiert das Capitulare de villis antikes Pflanzenwissen nach Mitteleuropa. Auch das Heil- und Nutzpflanzensortiment der Klostergärten wurde durch die Pflanzenlisten im Capitulare de villis stark beeinflusst. Beispiele aus der Pflanzenliste sind u. a.:

  • Eibisch (Althaea officinalis), der immer noch in den Ricola-Hustenbonbons verwendet wird
  • Kamille als Entzündungshemmer bei Mund-/Rachenleiden
  • Minze-Arten wie Katzenminze (Nepeta cataria) für die Entspannung, bei Magenleiden und Frauenminze (Tanacetum balsamita) bei Frauenleiden und Verdauungsproblemen
  • Schlafmohn (Papafer somniferum) zur Schmerzlinderung und hustenstillend
  • Rosmarinus offizinalis gegen Blähungen

Als Gemüsesorten werden u.a. Möhre, Mangold, Pastinake, Winterzwiebel, Erbse und Saubohne genannt.

Die Liste umfasst auch 16 Baumarten, darunter neben Apfel, Birne, Süß- und Sauerkirsche so exotische Bäume wie Mandel und Feige.

Walahfrid Strabo (um 810 – 849), Benediktiner Abt auf der Insel Reichenau, schrieb über 24 Heilkräuter, Gemüse- und Zierpflanzen aus dem Capitulare de villis das Lehrgedicht Liber de cultura hortorum. Das Gedicht, kurz Hortulus genannt, ist eins der frühesten und bedeutendsten literarischen Kunstwerke über Gartenbau und Botanik in Deutschland und zeugt vom immensen Pflanzenwissen und von der großen Pflanzenliebe seines Verfassers. Walahfrid Strabo ist vermutlich auch einer der Autoren des St. Galler Klosterplans.

Auch dem Benediktiner Orden zugehörig war Hildegard von Bingen (1098 – 1179), Äbtissin, Mystikerin, Komponistin und bedeutende naturheilkundliche Universalgelehrte, die antikes Wissen um Pflanzen und ihre Heilkraft in die Volksmedizin ihrer Zeit integrierte.

Wie haben sich die Klostergärten zur Neuzeit hin verändert? Einstmals aus dem Vorbild der römischen Landvillengärten hervorgegangen, standen die Klostergärten ihrerseits Modell für die Entstehung botanischer Gärten in der Renaissance. Das botanische Wissen verlagerte sich zu dieser Zeit zunehmend an die medizinischen Universitäten, welche die benötigten Heilkräuter in botanischen Gärten anbauten. Durch Sammelreisen auf entfernte Kontinente wurde das Pflanzensortiment rasch vergrößert. Sowohl Kloster- als auch botanische Gärten wiederum standen Pate für die Entwicklung von Gutsgärten bis zu den heutigen Privatgärten.

Klostergarten der Benediktinerinnenabtei FuldaKlostergarten der Benediktinerinnenabtei Fulda

Der Vortrag Klostermedizin – Brücke zwischen Antike und Neuzeit von Tobias Niedenthal, Geschäftsführer der Forschungsgruppe Klostermedizin, musste aus persönlichen Gründen ausfallen. Dafür ergab sich die Möglichkeit, den Abteigarten der Benediktinerinnen in Fulda zu besichtigen. Die Nonnen bauen neben Obst hauptsächlich Kräuter für ihr berühmtes Humofix-Pulver an, welches für eine schnellere Kompostreifung, zur Blumendüngung und für Saatbäder verwendet wird. Besonders an diesem üppigen Garten ist, dass er schon seit Ende des 2. Weltkriegs nach biologischen Grundsätzen bewirtschaftet wird.

Moderatorin Heidrun Merk sprang für Tobias Niedenthal ein und gab Erläuterungen zum „Lorscher Arzneibuch“, welches um 785 im Kloster Lorsch entstand. Es gilt mit seinen 482 Arznei-Rezepturen als das älteste Arzneibuch Deutschlands und bildete die Grundlage für die frühmittelalterliche Klostermedizin. Mithilfe der Lorscher Arzneibuch-Rezepturen konnten Ordensleute das griechisch-römische Medizinwissen nutzen. Zur damaligen Zeit lag die Gesundheit im Glauben der Bevölkerung in Gottes Hand. Zusammen mit den sechs präventiven Regeln für ein gesundes Leben (Hildegard von Bingen) war das Wissen um die Heilkräfte von Pflanzen die einzige Möglichkeit, die Gesundheit zum Positiven zu beeinflussen.

Dr. Helga Fabritius, Kunsthistorikerin, Kuratorin und Expertin für Klosterkultur und Klostergärten gab mit dem Vortrag Klostergärten als öffentlicher Raum – nur Orte der Zerstreuung oder mehr? Kloster Dalheim und weitere Beispiele einen Ausblick darauf, wie man heutzutage Klostergärten für die Öffentlichkeit nutzen kann. Frau Dr. Fabritius zeigte in mehreren Beispielen, welche unterschiedlichen Strategien der Rekonstruktion und Nutzung sowohl säkularisierter Klöster und Gärten als auch noch kirchlich genutzter Klostergärten in Europa verwirklicht wurden. Sie arbeitet für die Stiftung Kloster Dalheim, die im ehemaligen Nonnenkloster (1803 säkularisiert) das LWL-Landesmuseum für Klosterkultur unterhält. Kloster Dalheim wurde 1979 vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe gekauft. 2006 gründete sich die Stiftung Kloster Dalheim und 2010 konnte die Dauerausstellung des Museums eröffnet werden. Als historischen Schatz kann man die Memorialvedute für Prior Schonlau bezeichnen, die um 1740 gemalt wurde. Auf ihr sieht man die heute noch bestehenden Klostergebäude und weitläufige Gartenanlagen, die zum Zeitpunkt der Stiftungs-Gründung nicht mehr erhalten waren. Die Vedute war der Auslöser für Suchgrabungen, mit denen man feststellen wollte, ob die gezeichneten Gartenareale wirklich einmal vorhanden gewesen waren. 2003 starteten die Grabungen und siehe da, man fand tatsächlich Einfassungen von Wasserbecken, Grundmauern der alten Terrassen, Treppenaufgänge und Wasserkanäle. So begann der Wiederaufbau der in der Vedute dargestellten Gärten: u.a. der Lange Garten mit Orangerie, der dem Prior und seinen Gästen vorbehalten war, der Konventgarten (ein barocker Terrassengarten) und der Kräutergarten. Die verwendeten Pflanzen werden auf Schildern erklärt (z.B. Heil-, Nutz- und Marienpflanzen). Das Museum und die rekonstruierte Gartenanlage ist gegen ein Eintrittsgeld für die Öffentlichkeit zugänglich. Neben der Dauerausstellung im Kloster finden auch wechselnde Ausstellungen in den Gärten statt, wie z.B. 2015 „Heiter bis Göttlich“, die Kultur des Spiels im Kloster, bei der eine Kegelbahn und andere deutlich sichtbare Spielbereiche im Garten eingebaut wurden.

Ein Beispiel für ein aktives Ordenskloster, welches einen Teil seines Gartens einer „weltlichen“ Selbsternte-Organisation zur Verfügung stellt, ist das Benediktiner Frauenkloster St. Andreas in Sarnen/Schweiz. Aufgrund der strengen Klausur war der Garten früher rein den Nonnen vorbehalten. 2021 fragten zwei Frauen bei den Benediktinerinnen an, ob es möglich wäre, einen Teil des Klostergartens in einen Selbsterntegarten zu verwandeln. Die Äbtissin stimmte zu und seit 2022 können Privatpersonen, die ein Abonnement erworben haben, anteilig vom prächtig gedeihenden Gemüse und Obst ernten. Um auch der ja weiter bestehenden Klausur Rechnung zu tragen, ist das Ernten und Helfen nur an festgelegten Tagen und Zeiten möglich. Mit dem Schritt, einen Teil ihres Klostergartens für Menschen außerhalb der Klostermauern nutzbar zu machen, beginnt eine Kommunikation zwischen dem Konvent und der Bevölkerung. Ein neuer Menschenkreis betritt das „Paradiesgärtlein“ und darf nicht nur an der Ernte teilhaben, sondern auch an der Magie des Ortes. Denn Klostergärten sind immer noch, ob klösterlich genutzt oder nicht, erhaltenswerte Kraftorte, in denen man sich erholen kann, in denen man arbeiten kann und in denen man zu sich finden kann.

Die Versuche der reinen Rekonstruktion mittelalterlicher Klostergärten haben ihre Berechtigung, aber genauso spannend ist es, frühere Klostergärten mit modernen künstlerischen Ideen zu kombinieren.

Klostergarten TagungsKloster Frauenberg, FuldaKlostergarten TagungsKloster Frauenberg, Fulda

Am Sonntag starteten die Tagungsteilnehmer zu den verschiedenen Exkursionen. Ich hatte mich zur Tour in die Schwalm angemeldet. Als erstes ging es mit dem Bus nach Todenhausen zum Garten der Rosenfreundin und Buchautorin Anita Böhm-Krutzinna. Ihr Garten schmiegt sich um die Gebäude des historischen Bauernhofes, den sie und ihr Mann früher bewirtschaftet haben. Anita Böhm-Krutzinna, Autorin mehrerer Rosenbücher, liebt sowohl historische als auch moderne Rosenzüchtungen und besonders solche, die weibliche Namen tragen. Fasziniert ist sie von den Geschichten, die sich um manche Rosen ranken, auch wenn sie nicht immer stimmen mögen. So wurde lange Zeit erzählt, die bekannte Rambler-Rose Ghislaine de Féligonde trägt diesen Namen zu Ehren der Frau, die ihren verwundeten Mann im 1. Weltkrieg aus der Frontlinie rettete. Spätere Nachforschungen ergaben, dass Ghislaine de Féligonde zum Zeitpunkt der Heldentat zwei Jahre alt war. Aber trotzdem: gut erfunden!

Nach dem Gartenrundgang bekamen wir Haselnuss-Likör kredenzt (es war morgens 11.00 h). Bei kleinem Verteilungsvolumen reichte ein Gläschen für eine gelöste Stimmung, die dann dabei half, die Radio HR 4 Berieselung im Bus unbeschadet zu überstehen. Obwohl auch deutsche Schlager einen gewissen Garten-Bezug haben (Die Biene Maja fragt sich, wo die Blumen sind, lässt dann aber rote Rosen regnen und würde gern mal mit mir, aber ich werde lächeln, wenn sie geht - oder so ähnlich).

Garten Anita Böhm-KrutzinnaGarten Anita Böhm-Krutzinna

Garten Anita Böhm-KrutzinnaGarten Anita Böhm-Krutzinna

Während der Busfahrten von einem zum anderen Garten ergaben sich inspirierende Gespräche mit der Sitznachbarin aus Bayern. Gärtnerinnen haben sich ja immer etwas zu erzählen, von „Wie kamst du zum Gärtnern?“ über Erlebnisse bei Gartenreisen bis zur Frage „Wie bewässerst du?“.

Das zweite Gartenziel war der Garten der Familie Holland-Letz in Niedergrenzebach. Aus ehemaligen Distel- und Rübenäckern ist ein insektenfreundliches Paradies entstanden mit geschwungenen Wegen, Sonnen- und Schattenbeeten, vielen lauschigen Sitzmöglichkeiten, selbstgebauten Trockenmauern und einem Alpinum. Auffallend viele Schmetterlinge gaukelten durch den Garten, da versteht jemand was von Insektenfreundlichkeit. Zu Recht mit Stolz zeigte mir der Hausherr seine Kreislaufwirtschaft: sämtlicher Gartenschnitt landet, auf ca. 15 cm Länge zerkleinert, im Komposthaufen. Der sollte nicht höher und breiter sein als 60 cm, damit die aerobe Verrottung ungestört ablaufen kann. Nach einem Jahr wird der fertige Humus „geerntet“ und lässt Kohlköpfe wie Rosen üppig gedeihen.

Garten Holland-LetzGarten Holland-Letz

Garten Holland-LetzGarten Holland-Letz

Garten Jörg DiebelGarten Jörg Diebel

Zum Abschluss besuchten wir den Garten von Jörg Diebel in Hattendorf. Der gelernte Gärtner hat aus dem „Kleinen Berfhof“ ein naturnahes Gartenjuwel geschaffen. In Handarbeit wurden die alten Gebäude stilvoll restauriert und die umliegenden Gartenbereiche durch Treppen und Trockenmauern in unterschiedliche Gartenzimmer gegliedert. Einmalig schön ist der weite Blick in die umgebende Landschaft mit ihren Hügeln, Wiesen und alten Fachwerkhäusern. Es ist ein Garten, bei dem man umso mehr liebevolle Details erkennt, umso öfter man ihn durchwandert. Im Nutzgarten die selbstgemauerten Hochbeete, die Rambler in den Apfel- und Birnbäumen, die alten Metall-Gartengeräte im Staketenzaun, die kleine versteckte Quelle. Es gibt überall etwas zu entdecken.

Garten Jörg Diebel, Blick in den KiesgartenGarten Jörg Diebel, Blick in den Kiesgarten

Text und Fotos: Walli Geisel, Zweig Rhein Main